ANALOGE FOTOGRAFIE
"Nur ein weiterer neuer Trend oder steckt mehr dahinter?"
Durch meine Spezialisierung auf die SW-Portrait Fotografie, spiele ich mich schon einige Zeit mit dem Gedanken in das Analoge SW Fotografieren einzusteigen. Zählten doch vor der digitalen Revolution ein paar der wichtigsten Fotograf:Innen im Bereich der Black&White Portraits zur Analogen Garde.
Leider fehlte mir bis dato einfach die Zeit, mich wirklich darauf einzulassen. Zudem ist es gar nicht einmal so einfach jemanden zu finden, der in dieser Materie wirklich bewandert ist. Im Internet findet man zwar jede Menge Theorie dazu, fundierte Expert:innen aus der Praxis sucht man allerdings vergebens.
Im März 2023 habe ich mich schließlich doch an die Materie gewagt, um mein persönliches Pensum im Bereich Fortbildungen aufzufüllen und mir bei einem Experten zu diesem Thema die Basics in einem Workshop angeeignet.
Gleich vorweg lässt sich zum Thema „Analoge Fotografie“ schon mal eines zusammen fassen: Billig ist der Spaß nicht gerade und im Kopf solltest du am Ende auch was haben, denn wer schon mal im Chemieunterricht der Grundschule die Chemikalien verwechselt hat, der weiß, dass kann schnell im Chaos enden. Gerade beim Einstieg in die Thematik empfiehlt es sich daher einen Experten an der Seite zu haben, das erhöht die persönliche Lernkurve ungemein und spart am Ende auch noch jede Menge Geld.
Natürlich habe ich nicht nur fotografiert, sondern mir auch gleich die volle Dröhnung in Sachen Filmentwicklung einverleibt. Wer sich mit der Materie wirklich beschäftigten will, der stellt rasch fest, dass der Spaß an der Thematik, erst im eigenen Labor beginnt. In Österreich selbst gibt es dafür nicht all zu viele Anlaufstellen, und die Szene ist auch global gesehen eher klein, weshalb man die wahren Freaks in dieser Thematik rasch herausgefiltert hat. Dass es am Ende eine persönliche Audienz im 1:1 Coaching wurde, war dann doch eher Zufall. So kam es und ich verbrachte einen Tag lang mit dem österreichischen „Yoda“ der Analogen Fotografie! Ein junger Mann auf den das Wort „Freak“ wie die Faust auf`s Auge passt und der sich mit seiner Passion einen Namen in der Szene gemacht hat. Mittlerweile entwickelt er in seinem Labor sämtliche Analogen Filme, die aus österreichischen Fotofachgeschäften übermittelt werden.
Theorie um Fehler zu meiden
Der Morgen startete direkt mit einem theoretischen Input. Es wurde aus Büchern zitiert und analoges Wissen mathematisch in die Bestandteile der Farben zerlegt, während parallel noch fachmännisch aus dem Lehrbuch referiert wurde. Nach den ersten 10 Minuten meiner persönlichen Fortbildung war kurzerhand nicht klar, ob ich mich in einer Mathematikvorlesung der Uni oder doch in den AHS-Chemieunterricht verirrt hatte. Mit Fotografie hatte der Vormittag anfangs erstmal gar nichts am Hut. Relativ schnell wurde aber klar, dass das Wissen nicht nur meiner Treffsicherheit diente, sondern auch meinem Verständnis auf die Sprünge helfen sollte, auf welches ich noch öfter zurückgreifen musste im Laufe des Tages. So wurde über die Lichtaufnahme von Kristallen und die korrekte chemische Herstellung von Filmen gesprochen. Die mathematischen Kurven zur Lichtdurchlässigkeit von Oberflächen wurden diskutiert, um schlussendlich alles in Zonen der Lichtaufnahmefähigkeit einzuteilen.
Eine Materie, die mir als digitaler Praktiker bis dato völlig fremd, um ehrlich zu sein, sogar egal war! Ich musste mich regelrecht einhören in das Thema aber wenn man sich erstmal auf die Sache einlässt, stellt man fest, welch komplexes Wissen hinter etwas so simplen wie einem Foto steckt. Das wichtigste Werkzeug des Tages sollte der Belichtungsmesser werden mit seiner Spotmessung. Nach einem kurzen Crashkurs im Umgang damit, war auch mir klar, dass die vielen Zahlen und Nullen doch für irgendwas stehen mussten.
Fotografieren mit der analogen Kamera
Gegen Mittag zog ich dann das erste Mal mit einer analogen Kamera los und wurde von der Magie des Analogen, mit nur einem „Klick“, regelrecht in den Bann gezogen. Der Sound einer analogen Kamera, wenn man aufzieht und auslöst, ist derart ASMR Like, dagegen trittst du alle digitalen Kameras sofort in die Tonne. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich auf die richtige Belichtung gepfiffen und den ganzen Tag nur Aufziehmännchen gespielt und ausgelöst 😀 *haha*
Leider habe ich mich anfangs wie der erste Mensch mit einer Kamera angestellt und vor lauter Faszination über den „Klick-Effekt“ glatt vergessen, dass es da ja noch Blende, ISO und Verschlusszeit sowie Fokus gibt. Bevor das erste Bild entsteht heißt es bei der analogen Fotografie also „Multitasking to the MAX!“ Du musst alles selbst einstellen und davor solltest du noch die mathematischen Zahlen deines Belichtungsmesser entschlüsseln, Kopfrechnen können wäre dabei auch von Vorteil. Kurz gesagt: „Sonderpädagogischen Förderbedarf darfst du keinen haben, bei der Art der Fotografie, sonst macht das Ganze keinen Spaß auf die Dauer!“
Gott sei Dank hatte ich meinen Meister Yoda der analogen Fotografie bei mir, der seinem jungen Paravan mit viel Liebe, Hingabe und Geduld die Dinge öfters, als nur 1 Mal erklären musste, sodass ich es am Ende doch noch behirnte. Da man ja grundsätzlich keinen Display hat, hat man also keine Ahnung wie das Bild aussieht, was bedeutet, dass man sich nur über mathematische Zahlen, Fakten und Know-How sein Bild, vorab im Kopf zusammen basteln muss.
Aufgrund des schlechten und kalten Wetters haben wir nur eine halbe Rolle Film Outdoor verschossen und es ging zurück ins Labor. Dort ging es dann im Studio weiter. Denn auch analoge Kameras kann man an Blitzgeräte anschließen. Aber auch das ist schwieriger als gedacht, da die Verschlusszeit am Ende des Tages ja synchron sein sollte mit dem Blitz, eine Tatsache die aber kein Spotmesser der Welt einem sagt, sondern ein Wissen, das nur die Gebrauchsanleitung eines Blitzgerätes verrät. Als Draufgabe kam ich noch in den Genuss, einer Großformat Aufnahme von mir selbst.
Chemieunterricht im Labor
Gegen Nachmittag ging es direkt ins Labor und dort ging der Spaß dann so richtig los. Wer schon einmal versucht hat im stockdunklen in der Nacht aufs Klo zu gehen oder den Wecker zu finden, der kann erahnen wie es ist, wenn man im Labor Filme aus der Kamera holt und diese auf eine Spule aufwickelt. Natürlich gab es dazu erst einmal das Trockentraining bei Licht mit einem alten wertlosen Film. Aber auch das sollte vorab geübt sein, wenn man nicht gleich sein eigenes Material kübeln will. In völliger Dunkelheit wickelte ich meine erste Spule auf, während eine Geräuschmelange aus Jazz und Klassik im Hintergrund vor sich hin blubberte.
Nachdem ich das 35mmDing dann endlich in der „Entwickler-Dose“ hatte, ging die Show in Miraculix´s eigener Küche weiter. Spätestens jetzt fängt der Chemieunterricht so richtig an, denn wer nun die falschen Verhältnisse mischt, der wird am Ende wenig Freude haben und den Zauber seiner Bilder nicht erleben. Dabei gilt akkurates und genaues Arbeiten ist oberstes Gebot, um Fehler zu vermeiden und eine lückenlose Kette zu gewährleisten! Denn am Ende können nur durch genaues Arbeiten, Fehler ausgeschlossen, minimiert oder nachvollzogen werden. Gerade bei großformatigen Filmen passt das Negativ aber nicht in die Dose und dann muss in völliger Dunkelheit gemischt, gebraut und geschwenkt werden!
Beim 35mm Film gilt die Devise: Die Dose nicht wie ein Barkeeper umher schleudern sondern die richtige Technik entscheidet über deine Körnung und deine Kontraste. Ein Mix aus Drehbewegungen und Kreisen, aus Klopfen und Schwenken unter Einhaltung bestimmter Zeitintervalle führt schlussendlich zum Bild. Was sich wie die Praktik eines Shades of Grey Romanes liest, dient hier dem optimalen Höhepunkt des Films. Anschließend kommt alles in ein Stoppbad welches erneut geschwenkt und gedreht wird, um den Entwicklungsprozess wieder anzuhalten. Am Ende wird alles mit einem Fixierer verewigt und mit destilliertem Wasser gründlich durchgespült. So vergeht dann gut und gerne mal 1h in der Chemieküche für nur einen einzigen Film! (10-35 Bilder). Anschließend wird das Negativ getrocknet, was mehrere Stunden oder sogar Tage beanspruchen kann. In der Zeit hat der digitale Hobbyfotograf, bereits das Set verlassen, das fertige Preview an den Kunden übermittelt und die Bearbeitung seiner Auswahl abgeschlossen. Ein Prozess der dank moderner Technologien in wenigen Sekunden bei digitalen Kameras vollzogen werden kann, wird in der analogen Fotografie zelebriert, wie eine indische Hochzeit.
Hat man dies dann geschafft, folgt der wirklich teure Spaß an der Geschichte. Der Scan! Spätestens jetzt reicht die Palette der Scans von teuer bis hin zu: „Scheiß drauf, ich kauf mir einen AMG um das Geld!“ Am Ende des Tages hatte ich dann 35 Bilder zusammen, die wir auch noch fein säuberlich per Hand zurecht geschnitten und archiviert haben.
Fazit: Der Zauber der analogen Fotografie entschleunigt ungemein und wer sich auf den unglaublichen Aufwand einlässt, der wird viel Freude dabei haben und eine magische Reise antreten. Schlussendlich ist es ein langer Prozess, der ans Ziel führt, bei dem viele Fehler passieren können, weil du permanent mit haptischen Materialen und chemischen Flüssigkeiten hantierst und akkuraten Arbeitsschritten folgen musst. Gerade deshalb braucht es viel Erfahrung und vor allem Übung, um ans Ziel zu kommen. Hat man es aber geschafft, so hat man wahrhaft eine handwerkliche Meisterleistung vollbracht, welche den persönlichen Wert eines digitalen Fotos übersteigt. Vielleicht ist am Ende aber auch gerade das der Punkt, der die Faszination und den wahren Zauber der Analogen Fotografie ausmacht! Mich hat es jedenfalls wahnsinnig fasziniert. Ich hatte großen Spaß daran und kann dieses Erlebnis jeder und jedem nur empfehlen, der die Fotografie liebt!